Ein Supermarktregal mit einem großen, orangen Hinweisschild, das auf die verringerte Füllmenge eines Softdrinks hinweist.
Noch weisen manche französische Supermärkte freiwillig auf Fälle von Shrinkflation hin. Ab 1. Juli müssen dies alle Lebensmitteleinzelhändler verpflichtend umsetzen.
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Nach einer Stagnation im Vormonat ist die Teuerung in Österreich im April deutlich zurückgegangen. Gemäß einer Schnellschätzung der Statistik Austria betrug sie 3,5 Prozent, nach 4,1 Prozent im März. Damit hat die Inflation hierzulande den tiefsten Wert seit September 2021 erreicht. Ausschlaggebend für den Rückgang waren die Gaspreise, die erstmals seit dem Jahr 2020 deutlich unter das Vorjahresniveau gefallen sind. "Darüber hinaus haben im Jahresvergleich insbesondere Pauschalreisen preisdämpfend gewirkt, die in den zwölf Monaten davor noch ein starker Preistreiber gewesen waren", erklärt Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas. "Allerdings liegen die Preisanstiege in der Gastronomie weiterhin über dem Durchschnitt, und bei Treibstoffen legt die Teuerung weiter zu.“

Eines der großen Ärgernisse dieser Inflationswelle lautet Shrinkflation, also die Verringerung von Verpackungsgrößen. Obwohl es nicht immer sofort auffällt, werden dabei bei gleichbleibenden Verkaufspreisen die Produkte effektiv teurer. Und wenn Hersteller dafür entlarvt werden, die Inhaltsmenge verringert zu haben, ist der Unmut der Konsumierenden groß: 81 Prozent geben bei einer Umfrage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) im Vorjahr an, dass es sie extrem ärgert, weitere 18 Prozent sind etwas verärgert. Über das Vorgehen der Hersteller meinen 73 Prozent, diese würden versuchen, die Konsumierenden zu täuschen, 64 Prozent fühlen sich deshalb sogar betrogen.

"Betrug" beenden

Das sieht auch Frankreichs Finanzminister Brune Le Maire so, der Shrinkflation unlängst als "Betrug" bezeichnete. "Wir werden dem ein Ende bereiten", sagte er Mitte April, als er Maßnahmen gegen die Praxis verringerter Inhaltsmengen ankündigte. Konkret müssen ab 1. Juli alle Lebensmitteleinzelhändler in Frankreich jene Waren, bei denen dies der Fall ist, mittels Warnhinweisen in den Regalen plakativ kennzeichnen. Es wird also für alle Händler verpflichtend, was bisher manche Ketten freiwillig vorexerzieren. "Shrinkflation" ist dort auf in auffälligem Orange gehaltenen Hinweisschildern zu lesen. "Bei diesem Produkt wurde der Inhalt verringert und der vom Lieferanten verrechnete Preis erhöht."

Wäre ein ähnliches Vorgehen auch für Österreich, insbesondere angesichts der extrem negativen Reaktionen der Bevölkerung auf Shrinkflation, wünschenswert? "Positiv wäre es auf jeden Fall", sagt Konsumentenschützerin Teresa Bauer vom VKI. Alternativ oder ergänzend zu Schildern in Regalen kann sie sich auch gut sichtbare Hinweise auf den Verpackungen der Produkte vorstellen. Gerade wegen der Intransparenz, die dadurch beseitigt würde, fühlten sich viele Menschen durch verringerte Inhaltsmengen über den Tisch gezogen. Bauer ist jedoch nicht bekannt, dass hierzulande Maßnahmen wie in Frankreich geplant seien.

Nichts in Planung

Was sagt das Wirtschaftsministerium dazu? Dort ist man von dem Vorschlag offenbar nicht sehr angetan, obwohl die Teuerung in Österreich immer noch deutlich über dem Schnitt der Eurozone und dem zweiprozentigem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt. Das ÖVP-geführte Ministerium verweist auf "bereits jetzt sehr strenge Vorschriften zur Überprüfung der Füllmenge", darüber hinaus sei die Angabe des Grundpreises, also der Preis pro Maßeinheit, verpflichtend. Auf europäischer Ebene regle zudem die Verpackungsverordnung das Verhältnis von Verpackungsgröße zum Inhalt. "Ob die französische Zusatzregulierung zusätzlich zu den aufgezeigten Regulierungen tatsächlich sinnvoll ist, wird – abgesehen von der Frage der Europarechtskonformität an sich – noch zu analysieren sein", heißt es dazu auf Anfrage.

So wird der VKI auch weiterhin auf Meldungen aus der Bevölkerung über verringerte Inhaltsmengen angewiesen sein – und die kommen immer noch regelmäßig herein. Nämlich von Jänner bis April insgesamt 47-mal, wobei es sich Bauer zufolge meistens um Lebensmittel handelt. Allerdings nehmen mit der Inflationsrate auch die Fälle von Shrinkflation tendenziell ab, mutmaßt die Konsumentenschützerin, die Anzahl der Meldungen liege um 13 tiefer als im Vorjahreszeitraum. Denn eigentlich sinken seit Mitte 2023 die Erzeugerpreise in Österreich wieder, im Februar lagen die Produktionskosten hierzulande um 6,4 Prozent tiefer als im Vorjahresmonat.

Pringles wurden zu "Shrinkles"

Als jüngste Beispiele für Shrinkflation nennt Bauer etwa Pringles Original-Chips des Herstellers Kellog, die früher zu 200 Gramm in der Röhrendose aufgestapelt waren. Nun enthalte dieselbe Verpackung nur mehr 185 Gramm zum gleichen oder sogar höheren Preis, ohne auffälligen Hinweis auf der Packung lasse sich die neue Grammangabe kaum wahrnehmen. Zudem befinde sich neuerdings auch Palmöl in dem Produkt, das der VKI auch als "Shrinkles" bezeichnet. Oder Eskimo Cremissimo Eis, bei dem die Sorte Erdbeer Joghurt von 900 auf 825 Milliliter reduziert wurde. Im Gegenzug habe man dafür die Qualität verbessert und den "Anteil an Sauce und Stückchen" erhöht, argumentiert der Hersteller gegenüber dem VKI.

Abschließend verweist die Konsumentenschützerin auch auf einen "Ausreißer", nämlich einen früheren Fall von Shrinkflation, den der Hersteller nun wegen gesunkener Rohstoffkosten wieder rückgängig machen will. Demnach sollte Oryza Milchreis bald wieder von 800 Gramm auf die Originalfüllmenge von einem Kilo zurückgehen. Allerdings sei noch nicht bekannt, um welchen Preis das Produkt dann im Handel erhältlich sein wird, gibt Bauer zu bedenken. (Alexander Hahn, 30.4.2024)